Die Galerie zeigt seit 1989 sowohl klassische Positionen als auch außergewöhnliche Konzepte der zeitgenössischen angewandten Kunst. Dabei fühlt sich Rosemarie Jäger stets der Qualität und Authentizität verpflichtet. Die Ausstellungen schaffen Verbindungen zwischen verschiedenen Gewerken oder widmen sich der umfassenden Präsentation einzelner Künstlerinnen und Künstler, bewährter Meister wie junger Talente. Begegnung und Auseinandersetzung wird in besonderer Weise gepflegt.

Mostra Povera – all you need for an exhibition

Eine subjektive Annäherung von Otto Künzli und Therese Hilbert aus Anlass ihrer Ausstellung Nukleus in der Galerie Rosemarie Jäger in Hochheim.

1 Eine Landschaft, die mit ihrem Licht, ihren Düften und ihren Geschichten, ein Ort ist, wo man mit seinen Arbeiten Station machen möchte. In Hessen, am Südrand des Taunus, genauer, zwischen Frankfurt und Mainz, sitzt ein Städtchen auf einem Hügel, eingerahmt von Autobahnen, nicht eben romantisch, aber die Böden sind gut. Auf Kalk wächst ein hervorragender Chardonnay und die Familie Künstler keltert aus den Trauben der Lage „Hölle“ einen wunderbaren Riesling der mit Recht, Fug und Stolz den Namen „Künstler – Hölle“ trägt. Was braucht man mehr? 1:0 für Hochheim

2 Herausforderung und Vertrauen, Freiheit und Verpflichtung: Ein Mensch, ein Haus, ein Garten, ein Raum. Wintergasse 13, Glyzinien hängen wie blaue Trauben über dem Tor des stattlichen Hauses aus dem 18. Jahrhundert. Kaum ist die Einfahrt passiert, wird man unwiderstehlich in den Bann des großen Gartens gezogen, mit seinen alten Bäumen, den Sträuchern und den unzähligen Blumen und Blüten. Mögen täglich hunderte von Flugzeugen über Hochheim nach Frankfurt eindüsen; hier stellt sie sich im Handumdrehen ein, jene innere Ruhe und Gelassenheit, die man vom Hörensagen kennt, aber nicht oft erlebt. Ob der „grüne Daumen“, der hinter diesem Garten steht, weiß, wie magisch dieser Ort ist? Einst ein Weingut, schließt sich selbstredend ein geräumiges Kelterhaus an das Wohnhaus an. Die gewaltige Halle, mit ihrem rohen Ziegelboden, ist heute der Hauptraum der Galerie. Ein kräftiger, charakterstarker Raum, eine harte Herausforderung hier auszustellen. Nüsse wollen geknackt werden. In auffallendem Kontrast dazu steht das Kabinett im Hauptgebäude, ein ehemaliger Wohnraum, von dezenter Eleganz und angenehmer Dimension. Es sind auch diese Gegensätze, die eine Ausstellung hier so reizvoll und abwechslungsreich machen. Das Haus, der Garten, die Räume, sind natürlich geformt und geprägt von einer Person, das alles trägt ihren Namen. 2:0 für Rosemarie Jäger

3 Starke Schmuckstücke sprechen für sich. Gute Räume ebenso. Es ist mit überzeugenden Ausstellungen oft (wenn auch nicht immer) so, wie mit gutem Essen: Man braucht kein überirdisches Geheimrezept, man braucht gute, frische, authentische Zutaten. Und eine Zubereitung, die die guten Sachen für sich sprechen lässt. Für die Ausstellung Nukleus war alles schon da. Wir mussten die Zutaten nur finden und behutsam verwenden. 3:0 für die Cucina Povera

4 Die Auswahl und die Ordnung der Exponate, sind das A und O jeglicher Ausstellung. Die kritische Einschätzung der eigenen Arbeiten ist ein schwieriges Unterfangen – Selbstkritik hat viele Feinde: Claqueure, Eitelkeit, Größenwahn, Neid, Gier, Unwissenheit, Vernebelung der Sinne, auch falsche Bescheidenheit und fehlendes Selbstvertrauen. Mut. Es braucht Mut, auch Dinge zu zeigen, deren man nicht sicher ist. Mut, Dinge wegzulassen, die alle toll finden, deren Schwächen man jedoch kennt. Die Ausstellung steht. Halbzeit, 4:0

5 Die Gäste kommen, genießen Luft und Ort. Sie begegnen sich, verdichten und verteilen sich, tauchen ein, schauen. Glücklich wenn, wie in unserem Fall, mit vertiefenden, hilfreichen, öffnenden, pointierten, aber auch unterhaltsamen Gedanken und Worten in die Ausstellung eingeführt wird.

5:0 für Petra Hölscher, Oberkonservatorin der Neuen Sammlung – The Design Museum München

6_  Und genau dann, wenn sich sozusagen der Vorhang öffnet, geht es um die Wurst, mit anderen Worten, jetzt zeigt es sich, ob man mit seinen Arbeiten Menschen erreichen und berühren kann, ob sie, die Stücke, über ihre Objektqualität hinaus eine starke kommunikative Wirkung entfalten, ob sie einen nachhaltigen Sog entwickeln, den „Sprung“ zu den Menschen schaffen und im besten Fall, und dafür werden ja schließlich Schmuckstücke gemacht, der Wunsch entsteht, wenigstens den Versuch zu wagen, auszuprobieren, was passiert, wenn man ein solches Stück annimmt, adoptiert, trägt. Und sich daran dann möglichst lange freut.

6:0 für den Schmuck.

Abpfiff mit der Pfeife, die man nicht rauchen kann. René Magritte lässt grüßen.

Das ist kein Fußballspiel. Aber eine feine, dichte Ausstellung. In einer guten, einer außergewöhnlichen Galerie.

 

 

Gabi Dewald über die Galerie

Wer wie Rosi Jäger seit über dreißig Jahren eine Galerie im Großraum Frankfurt erfolgreich führt, verfügt (mindestens) über zweierlei: Über einen untrüglichen Instinkt und über eine große Sehnsucht nach Schönheit.

Wo sich andere spitzfingrig abwenden, gründet ihre Begeisterung: im Angewandten, in der Ästhetik des Alltäglichen. Ihre Galerie gibt der Angewandten Kunst und deren Autor*innen ein Forum. Dieses ist getragen von dem zutiefst empfundenen Respekt der Galeristin vor den Künstler*innen und der Leidenschaft für deren Arbeiten.

Damit etablierte sie eine Institution, wie man sie in Deutschland selten findet. Künstler*innen der Galerie Rosi Jäger sind immer wieder in den großen Museen Europas und darüber hinaus vertreten. Viele von ihnen hat sie auf deren Weg dorthin durch ihre Arbeit als unermüdliche Galeristin begleitet und gefördert.

Sie spricht von der Kunst als von Dingen, die sie zum täglichen Leben brauche, zu denen sie sich im immer wiederkehrenden, selbstverständlichen Umgang ins Verhältnis setze. Es mag der Prüfstein dieses Umgangs mit Kunst sein, der die Spreu vom Weizen trennt und schlussendlich die Galerie Rosi Jäger zu einem Fundort für herausragende Qualität und Kunstschaffende macht.